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ESCHICHTSWERKSTATT BAYREUTH  e.V. 




Eisenbahngeschichte von Bayreuth und Umgebung

Die Ludwig-Süd-Nord-Bahn hatte auch für die Region Bayreuth einschneidende Veränderungen zur Folge. Sie wurde durch die Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen als erste Staatsbahnstrecke zwischen 1843 und 1854 erbaut und erhielt ihren Namen nach König Ludwig I. von Bayern. Die Strecke führte von Lindau über Augsburg, Nürnberg, Bamberg, Lichtenfels und Münchberg nach Hof. Dort bestand Anschluss an die Strecken der Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn.

Die Abschnitte Lichtenfels–Neuenmarkt (42,5 km) und Neuenmarkt–Hof (52,9 km) wurden am 15. Oktober 1846 bzw. am 1. November 1848 in Betrieb genommen.

Der Magistrat der Stadt Bayreuth hatte sich schon 1836 darum bemüht, die Strecke möge über die Wagner-Stadt führen. Als anders entschieden wurde, betrieb die Stadt den Bau einer Zweigbahn nach Neuenmarkt in Eigenregie und auf eigene Kosten. Diese wurde am 28. November 1853 eröffnet.

Für das erste Bahnhofgebäude musste die Stadt 36.000 Gulden an den bayerischen Staat vergüten. Nach Eröffnung der Weidener Zweigbahn 1866 war es zu klein geworden.  Um 1875 gehörten der Staats- und Ostbahnhof  neben einer Anlage von Arbeiterwohnungen, dem Centralschulgebäude, dem Bezirks-Gerichtsgefängniss und dem Festspielhaus zu den bedeutensten Neubauten in der Stadt (Holle 1901:passim).

Weitere Auszüge aus Holle, Geschichte der Stadt Bayreuth (Bayreuth 1901):

„Der Bahnübergang nach St. Georgen war schon lange als eine lästige und namentlich an den stark besuchten Viehmärkten auch gefährliche Verkehrsstörung empfunden worden. Nach vielfachen Verhandlungen wurde daher von der Generaldirektion der Staatsbahnen am 11. Oktober der Beschluss gefasst, den [308] bisherigen Bahnübergang zu entfernen und neben dem Bezirksamtsgebände eine neue Strasse, die Tunnelstrasse mit einer 15 Meter breiten Unterführung durch den Bahndamm herzustellen. Auf der Stelle des bisherigen Bahnübergangs wurde ein neues schönes Betriebsgebäude aufgeführt und das bisherige vielfach zu kleine Bahnhofgebäude der k. Post überlassen. Der Bahnhof selbst, wurde durch eine Verlegung des Bürgerreuther Weges erheblich vergrössert.“

[309] „Die Eröffnung der Zweigbahn Schnabelwaid–Bayreuth fand am 15. Juli 1879 ohne besondere Feierlichkeit statt. Damit waren die Hoffnungen der Stadt auf eine direkte Bahnverbindung wohl für lange Zeit begraben.“

[324] „Am 15. August 1896 wurde die Lokalbahn nach Warmensteinach ohne besondere Feierlichkeit eröffnet. Der Beitrag der Stadt Bayreuth zu den Grunderwerbungskosten belief sich im Ganzen auf 80.000 M. (1004 Dezimalen auf Bayreuther Stadtgebiet).“

Siehe auch Trübsbach, Geschichte der Stadt Bayreuth (Bayreuth 1993), Seiten 176-178.
 

Schiefe Ebene

Die »Schiefe Ebene« war die erste Eisenbahn-Steilrampe Europas. Entlang der Strecke von Marktschorgast nach Neuenmarkt-Wirsberg wurde 1990/91 ein Lehr- und  Informationspfad mit 16 Stationen angelegt, der im Mai 1991 eingeweiht wurde. An jeder Station stand eine Tafel mit Text, Skizzen oder historischen Abbildungen.

Im Rahmen einer grundlegenden Neugestaltung des Deutschen Dampflokomotiv Museums Neuenmarkt (DDM) wurde auch der Lehrpfad neu konzepiert und erhielt nun zweisprachige Informationstafeln. Er wurde zu den Pfingstdampftagen 2014 eingeweiht. Siehe die Sub-Website bei der DDM-Website (deutsch "auf der Homepage") unter Lehrpfad. Den Link zur PDF des Lehrpfad-Folders (zu deutsch Flyer) hat das DDM offentsichtlich entfernt.

Folgend wird der alte Lehrpfad und seine Texte dokumentiert.


01 Das Ensemble „Bahnhof Marktschorgast“



Im Bahnhofsbereich von Marktschorgast finden wir heute noch drei Gebäude aus der Frühzeit der Eisenbahn, die weitgehend im Ursprungszustand erhalten geblieben sind. Es handelt sich dabei um
–    Das Empfangsgebäude (früher „Stationshauptgebäude“)
–    Die Güterhalle
–    Das ehemalige Wasserhaus (letzt Wohnhaus)
Da zahlreiche später errichtete Bauwerke – so z. B. die beiden Stellwerke – im Laufe der Zeit wieder abgebrochen wurden, stellen die drei Gebäude heute ein einmaliges Ensemble eines Bahnhofs der Ludwig Süd-Nord-Bahn dar.
Das Empfangsgebäude wurde von Friedrich Bürklein 1853 entworfen und im November 1854 (6 Jahre nach Inbetriebnahme der Bahnlinie!) fertiggestellt. Der fast quadratische Miffelbau bot ursprünglich Platz für das „Billettlokal“ (Fahrkartenausgabe), darüber lagen die Wohnungen für den Bahnmeister und den Expeditor. Beide Seitenflügel wurden zwischen 1892 und 1902 verlängert; die Giebelwände wurden dazu weiter nach außen versetzt und die Seitenwände ergänzt, so daß die Erweiterungen kaum noch erkennbar sind. Aus der Zeit um 1892 stammt die alte Aufschrift „Betriebs-Bureau“ auf der Bahnsteigseite.
Die Güterhalle hatte ursprünglich ihren Platz auf der anderen Seite der Gleisanlagen. Als im Jahre 1892 die Bahnhöfe Neuenmarkt und Marktschorgast wegen des gestiegenen Verkehrsaufkommens grundlegend umgebaut und erweitert werden mußten, stand die Halle im Wege. Deshalb wurde offensichtlich die alte Ladehalle sorgfältig demontiert und Stein für Stein am heutigen Standplatz wiederaufgebaut! Das Gebäude weist deshalb die gleichen Stilmerkmale und Baumaterialien auf wie das Empfangsgebäude, während alle anderen Bauwerke aus der Zelt des Bahnhofumbaus in Sichiziegelmauerwerk errichtet wurden. Das ursprünglich weit auskragende Dach wurde um 1980 stark verkürzt; die alten Konsolsteine und Teile der Dachabstützung sind aber noch zu erkennen.
Das dritte Sandsteingebäude diente früher als „Wasserhaus“. Im Obergeschoß waren große Wasserbehälter untergebracht, die das Quellwasser speicherten und aus denen die Dampflokomotiven nach anstrengender Bergfahrt in kurzer Zeit ihre Wasservorräte ergänzen konnten. Die hierzu neben den Gleisen erforderlichen Wasserkräne sind heute längst verschwunden, das ehemalige Wasserhaus dient als Wohnhaus.


02 Der Endpunkt der Steilrampe

(Tafel nicht gefunden)

03 Bahnbrücke No. XIII (km 81,257)

Die Ludwigs-Süd-Nord-Bahn mußte hier den zur Bauzeit wichtigen Verbindungsweg von Marktschorgast nach Himmelkron kreuzen; heute führt der Gerneindeweg nach Rohrersreuth unter der Brücke durch. Die Bezeichnung der Brückenbauwerke mit Römischen Ziffern entstammt den Originalzeichnungen; die Objekte wurden damals innerhalb der „K. B. Eisenbahnbau-Sectionen“ fortlaufend in Richtung Hof numeriert. Die Zahl in Klammern kennzeichnet die genaue Lage des Bauwerks durch die Angabe der Strecken-Kilometer; die Kilormetrierung auf dieser Bahnlinie beginnt in Bamberg mit „0,000“.
Diese Wegunterführung befindet sich noch vollständig im Ursprungszustand und trägt als einzige längs der „Schiefen Ebene“ eine massive Sandsteinbrüstung als Abschrankung zum Geils hin. Diagonal unter dem Weg verläuft in einem Kanal ein Zufluß des „Grundbächels“, der Einlauf auf der Ostseite ist allerdings stark erneuert.
Wegen des sumpfigen Geländes mußte die Brücke aufwendig auf insgesamt 228 rund drei Meter langen hölzernen Pfählen gegründet werden, die sich heute noch das gesamte Bauwerk tragen! Im Gegensatz zu den meisten anderen Gewölbebrücken der „Schiefen Ebene“ sind hier die Sandsteine auf der Sichtfläche glatt behauen, nur die Bogensteine sind kräftig bossiert und betonen damit das Halbkreisgewölbe. Das Gewölbe hat eine dichte Weite von 4,03 Vatern, eine Länge von 9 Metern und der Scheitel liegt 5,80 Meter über der Fahrbahn.

04 Durchlaß No. XII (km 80,922)

Der Durchlaß wurde laut Vorbericht zu den Planungen von 1843 eingerichtet, „um das Wasser, welches sich hier sammelt und weder rechts noch links abgeführt werden kann, bey Profil 30d durchzulassen“. Zudem entstand dann 1846/47 zusammen mit dem Durchlaß eine Brücke im Verlauf des parallel zur Bahn neu angelegten Abschnitts der Distriktstraße Marktschorgast-Himmelkron; beide Bauwerke gehören also zusammen.
Das Wasser sammelt sich jenseits des Weges und fällt dann über eine Stufe in den Einlauf, fließt von hier aus mit einem weiteren Höhensprung unter dem Weg hindurch und gelangt dann in den
Einfallschacht des Durchlasses. Unter dem Gleiskörper ist neuerlich eine Stufe zu überwinden, dann ist der Auslaß auf der Nordseite  erreicht.
Die alte Bausubstanz dieser kaskadenartigen Schmelzwasserabführung ist zwar noch vollständig erha!ten, der Durchlaß mußte jedoch 1985 saniert werden. Es erfolgte eine beidseitige Ausmauerung mit Klinkersteinen, die eine neue Abdeckung aus Betonsteinen tragen.

05 Bahnbrücke über dem „Grundbächel“

Bahnbrücke No. XI (km 80,513)
Die Brücke No. XI dient zur Überbrückung des „Grundbächels“, zugleich wechselt hier die Bahntrasse auf die andere Talseite über. Von Marktschorgast her verläuft die Bahnlinie linksseitig am Hang unterhalb des Flurstücks „Die Höhe“ und lehnt sich nun – im weiteren Verlauf immer rechtsseitig – an die langsam steiler werdenden Bergrücken des bis hierher reichenden Frankenwaldes an. Die Trassierung des Gleiskörpers an diesen Abhängen erforderte mächtige Stützmauern, deren Bauweise im Bereich der Brücke No. XI schon erkennbar ist.
Das Bauwerk wird vom Sektionsingenieur F. Preu im Jahr 1854 folgendermaßen beschrieben:
„No. Xl. Durchlaß mit halbkreisförmigem, 2 Fuß dickem Gewölbe von Sandstein von 10 Fuß lichter Weite für das unter der Mitte dieser Stützmauern durchfließende Grundbächlein. Die Höhe des Scheitels ist 14 Fuß über dem natürlichen Terrain und 22 Fuß unter der Bahnplanie. Die Gründung ist 12 Fuß tief auf festem Felsen“ (1 Fuß ≘ 29,2 cm).
Diese Bogenbrücke ist eines der wenigen Kunstbauten der „Schiefen Ebene“, die heute noch vollkommen im Ursprungszustand erhalten sind!

06 Bahnbrücke über dem „Pulsterbach“

 

Bahnbrücke No. X (km 80,205)
Mit Hilfe der Bahnbrücke No. X überquert die Bahnlinie den Pulstbach und das zugehörige Seitental. Sie ermöglicht darüber hinaus, daß der Lehn- und Informationspfad mit einem Stichweg zu dem wohl beliebtesten Fotografenstandpunkt der „Schiefen Ebene“ geführt werden kann. Nach knapp 5 Minuten Fußweg erreichen Sie diesen Aussichtspunkt.
Auch diese Brücke ist in einen hier rund 14 Meter hohen Steindamm eingebaut. Während als Baumaterial für die Steindämme großformatige, unbehauene Blöcke (meist Glimmerschiefer) Verwendung fanden, besteht die Brücke selbst aus Sandstein; die Betonung des Gewölbe-Schlußsteins durch fünf hochformatige Steinquader findet man nur bei diesem Bauwerk.
Über der eigentlichen Brücke ist im Damm ein Entlastungsbogen zu erkennen: um die hohe Last auf das Sandsteinmauerwerk etwas abzufangen, wurde aus Glimmerschieferblöcken ein Gewölbebogen eingemauert; somit wird ein Teil der Auflast von Mauerkrone und darüberrollenden Zügen nach rechts und links abgeleitet.
Aus Sicherheitsgründen erfolgte 1982 der Einbau einer zusätzlichen Betonröhre; dabei erhielt auch der Pulstbach ein modernes Bachbett und der Fahrweg eine neuzeitliche Pflasterung, so daß sich das Bauwerk stark verändert zeigt. Die ursprüngliche Breite der Wegunterführung betrug 5,83 Meter, die Scheitelhöhe erreichte 6,50 Meter.

07 Durchlaß No. VIII (km 79,836)

Dieser Wasserdurchlaß hat die Aufgabe, das auf der anderen Gleisseite anfallende Regenwasser bzw. im Frühjahr das Schmelzwasser unter den Gleisen hindurch talwärts zu leiten. Obwohl für diese Aufgabe auch ein Rohr oder eine einfache Wasserrinne gereicht hätte, wurde selbst ein so unwichtiger Durchlaß aufwendig in glatt behauenen Sandsteinblöcken errichtet; der monumentale Charakter des Bauwerks wird dadurch besonders betont.
An diesem kleinen Objekt läßt sich erkunden, mit welcher Präzision die z. T. tonnenschweren Sandsteinblöcke gefertigt und versetzt wurden. So sind die Fugen nur wenige Millimeter dünn! Auch das „Innenleben“ ist nicht gerade einfach konstruiert, wie nebenstehende
Schnittzeichnung zeigt: Das Regenwasser fällt in einen Einlaufschacht und wird dann über sieben rund einen Meter hohe Stufen nach unten geleitet.
Der Durchlaß hat eine Breite von 86 Zentimetern und ist am Eingang 3,20 Meter hoch, die Gesamtlänge beträgt rund 18 Meter.
Ein weiterer, baugleicher Durchlaß (No. IX) ist in Streckenkilometer 80,046 zu finden; die beiden Durchlässe sind Bestandteil der „oberen Stützmauer“. Sie verläuft zwischen km 79,8 und km 80,3 und ist überwiegend einseitig gebaut, sie besteht also aus einem Steindamm auf der Talseite und lehnt sich hangseitig an das Gelände an. Die obere Mauer schlängelt sich daher in Form einer S-Kurve auf 474 Meter Länge am Hang entlang und ist bis zu 16 Meter hoch.


08 Felseinschnitt mit Sperrbauwerk zwischen km 79,5 und 79,8

Zwischen der unteren und der oheren Stützmauer stand den BahnbauIngenieuren ein weit vorstehender Bergrücken im Wege; es mußte daher ein tiefer Einschnitt in den Fels gehauen werden. Wir stehen hier auf dem verbliebenen schmalen Grat, rund 50 Meter über dem Zusammenfluß des Pulstbaches mit dem Streitmühlbach; am Gegenhang ist die Autobahn A 9 München-Berlin mit der „Rohrersreuther Brücke“ erkennbar.
Der rund 300 Meter lange und bis zu 28 Meter tiefe Einschnitt mußte durch harte Gesteinsschichten von Grauwacken- und Grünsteinschiefer sowie Hornblende getrieben werden, rund 55 Tonnen Schießpulver waren zum Sprengen erforderlich; das dabei gewonnene Bruchmaterial (rund 100 000 Kubikmeter!) wurde zum Auffüllen der anschließenden Steindämme verwendet. Erschwert wurde die Sprengarbeit durch zahlreiche Wasseradern, die auch heute noch Wasser führen und die Felswand im Winter oft in eine bizarre Eislandschaft verwandeln.
Ein weiteres „Kunstbauwerk“ wurde 1983 aus militärischen Gründen errichtet: ein Sperrbauwerk, das im Verteidigungsfall den Zugverkehr auf der Schiefen Ebene unterbrechen soll. Es besteht aus zwei hohen Fallkörpern aus trapezförmigen Betonelementen. Im Fundament befindet sich eine Sprengkammer, durch deren Sprengung die Fallkörper dann auf die Gleise stürzen sollen.
Der hier im Boden wiederentdeckte, rund 1 Meter mal 1 Meter große Granitblock ist ein Relikt aus der Anfangszeit des Bahnbetriebs. Es gab längs der Strecke mehrere Bahnwärterposten, die neben der Überwachung ihres Gleisabschnitts für die Signalübermittlung zwischen den Bahnhöfen zuständig waren. Die Übermittlung erfolgte durch „optische Telegraphen“, das waren hohe Maste mit verstellbaren Flügeln und Ballonen. Für die Bahnwärter gab es ursprünglich nur hölzerne Unterstellhütten, später wurden massive Gebäude errichtet.

09 Bahnbrücke „Schützengraben“

Bahnbrücke No. VII (km 79,358)
Mit der Bahnbrücke No. VII haben wir das größte Kunstbauwerk der Schiefen Ebene erreicht; besonders hier wird deutlich, welcher gewaltigen Herausforderung sich die Ingenieure und Bauarbeiter beim Bahnbau zu stellen hatten! Auf derart schwierige Geländeverhältnisse war man vorher noch nie gestoßen, so daß diese Bauwerke eine Pionierleistung der Bahnbauer darstellen.
Die große Stützmauer mußte an dieser Stelle ein Seitental – den sogenannten Schützengraben – mit größter Höhe überwinden; die Dammkrone verläuft 32 Meter über dem Grund! Deutlich erkennbar ist die konkave Wölbung der Steinmauern, die von den Gleisen bis zum Fuß in der Bogenlinie sogar 44 Meter erreichen. Die Durchfahrt ist 32,70 Meter lang und auf dieser Seite 8,50 Meter hoch.
Sektionsingenieur F. Preu schrieb 1854 über die Brücke No. VII: „Da für diese Bahnbrücke kein steigendes, sondern ein horizontal fortgehendes halbkreisförmiges Gewölbe in Anwendung zu bringen war, so mußte dieselbe auf der Thalseite beträchtlich höher als auf der Bergseite, auf der Letzteren aber immer noch hoch genug werden, um Wägen mit Baumstämmen auf dem durchführenden Waldwege durchbringen zu können.“
Im Oktober 1847 war der Bau bereits soweit fortgeschritten, daß nur noch rund 4 Meter bis zur Dammkrone fehlten; da zeigten sich plötzlich im Sandsteingewölbe feine Risse, die sich langsam verbreiterten. Der Weiterbau wurde sogleich gestoppt und man beschloß, das bereits fertige Gewölbe mit Hilfe eines zusätzlichen Granitgewölbes zu unterfangen.
Diese nachträglich eingebaute, zwischen 1,02 Meter (oben) und 1,66 Meter (unten) dicke Granitschale ist wegen der glatt behauenen Oberfläche gut zu erkennen. Der gußeiserne Kranz im Bogen überdeckt die Fuge zwischen beiden Gewölben und ist mit 22 armdicken, 33 Meter langen handgeschmiedeten Ankerbolzen mit dem Kranz auf der Gegenseite fest verschraubt.

10 Bahnbrücke „Galgenschwengel“

Bahnbrücke No. VI (km 79,110)
Die Brücke No. VI ist die mittlere der drei Überbrückungen im Verlauf der unteren Stützmauer. Sie wurde erforderlich, um das Seitental mit dem alten Flurnamen „Galgenschwengel“ zu queren. Auch hier war noch während der Bauzeit eine Unterfangung durch ein zusätzliches Granitgewölbe nötig geworden, nachdem die hohe Last des darüber hinweggeführten Steindammes zu Schäden an der Sandsteinauskleidung geführt hatte.
Hier auf der Nordseite liegt die Dammkrone rund 18 Meter über dem Grund; wegen der Neigung des Hanges sind es auf der Südseite mehr als 22 Meter. Während auf dieser Seite die Öffnung für ein Fuhrwerk gerade noch hoch genug war, steigt die Scheitelhöhe wegen des horizontal verlaufenden Gewölbes bis auf 6 Meter an; die Breite liegt bei 3,80 Metern.
An der nebenstehenden Schnittzeichnung läßt sich das Konstruktionsprinzip der Steindämme sowie der Brückenbauwerke samt nachträglicher Granitauskleidung gut ablesen: Die Stützmauern bestehen aus zwei äußeren Mauerwerksschalen und der Auffüllung des Kerns mit Steinschotter. Während die Steinblöcke für das äußere, vermörtelte Mauerwerk und das dahinterliegende Trockenmauerwerk sowie das Material für die Hinterfüllung überwiegend aus den anschließenden Einschnitten gewonnen werden konnten, mußten die Sandstein- und Granitquader von weit her mühevoll herangeschafft werden. Die teilweise bis zu einem Meter aus der Verkleidungsmauer hervorstehenden Glimmerschieferblöcke verleihen der Mauer ihr gigantisches, zyklopenhaftes Aussehen.
Die konkave Form der Mauern entsteht im oberen Bereich durch einen Kreisbogen mit 140 Fuß -41 Meter Radius. 19 Meter unter der Bahnplanie geht die Bogenlinie in eine Tangente über.

11 Bahnbrücke „Schwarze Lacke“

Bahnbrücke No. V (km 78,868)
Die Bahnbrücke No. V ist das kleinste Kunstbauwerk in der großen Stützmauer und führt über die „Schwarze Lacke“. Heute gilt die Brücke nur noch als Durchlaß, da sie eine lichte Weite von weniger als zwei Meter hat.
Zusammen mit den Brücken VI und VII weist das Bauwerk eine Besonderheit auf: Auch hier ist das Sandsteingewölbe mit Hilfe eines zweiten Gewölbes aus Granit unterfangen, da sich vor der Fertigstellung der Dämme bereits Risse im Sandstein zeigten. Offensichtlich reichten die großen Entlastungsbögen im Mauerwerk der Steindämme nicht aus, den hohen vertikalen Druck seitlich zu verteilen; zwei dieser Bögen sind auf der Nordseite deutlich zu erkennen.
Zwei Unterschiede zu den Unterfangungen der Brücken VI und VII fallen auf: Hier verlaufen die Granitmauern senkrecht (werden also nach unten nicht breiter) und auf einen gußeisernen Kranz zum Zusammenspannen konnte verzichtet werden. Der Durchlaß ist knapp 21 Meter lang und 1,46 Meter breit; das reichte gerade noch, um Baumstämme durchbringen zu können.
Die untere Stützmauer – auch „Rauhe Mauer“ genannt – erstreckt sich von km 78,7 bis km 79,5 und ist genau 759 Meter lang bei einer Höhe von bis zu 32 Metern; im Gegensatz zur oberen Mauer ist sie überwiegend zweiseitig ausgeführt. Für die insgesamt 1 400 Meter langen Steindämme wurden rund 40.400 Kubikmeter Mörtelmauerwerk und 49 400 Kubikmeter Trockenmauerwerk benötigt! Zur Bekrönung der Mauern wurden 1.582 Deckplatten aus Sandstein verlegt, jede 50 Zentimeter dick und 1,75 Meter breit.
Das Brüstungsgeländer über den hohen Dämmen bestand anfangs aus Granitpfosten, die durch zwei auf die Kante gestellte Kanthölzer verbunden waren; heute ist dieses vollständig durch einfache Eisengeländer ersetzt.

12 Ehem. Wegbrücke No. IV (km 78,671)

Die Wegbrücke No. IV gehörte zu den interessantesten Brückenkonstruktionen entlang der Schiefen Ebene – leider sind von ihr heute nur noch spärliche Reste zu finden. Die Brücke war für die Holzabfuhr über den hinteren Muhlleitenweg“ gebaut worden, hatte doch die Eisenbahn hier einen rund 10 Meter tiefen Einschnitt in den Fels aus Grauwacken- und hartem Tonschiefer getrieben.
Die Widerlager aus Sandsteinen konnten direkt auf die Felswande gegründet werden; sie sind noch vorhanden. Die hölzerne Fahrbahn wurde darüber hinaus von zwei Steinpfeilern getragen, so daß die 23,4 Meter lange Brucke in drei fast gleich breite Elemente gegliedert wurde. Für die beiden Gleise verblieb nur eine lichte Weite von 7,15 Meter! Da mit der Zeit die Lokomotiven und Wagen immer größer und breiter wurden reichte schließlich diese Breite nicht mehr aus; die Brücke mußte 1878 (oder erst 1903?) umgebaut werden. Ein Pfeiler wurde um rund 90 Zentimeter versetzt und der Überbau wurde durch eine 10,5 Tonnen schwere Stahlkonstruktion ersetzt.
In den Fünfziger Jahren war die Brücke dann überflüssig geworden, die Holzabfuhr erfolgte auf anderen Wegen. Der Abriß erfolgte aber nicht mit letzter Gründlichkeit, so daß der aufmerksame Wanderer heute noch beiderseits des Einschnitts auf Steinquader u. a. der ehemaligen Pfeiler stößt.
Zwischen der ehemaligen Brucke No. IV und der Blockstelle Streitmuhle führt der Lehrpfad weitgehend durch ein Relikt aus der Dampflokzeit. Wir wandern in dem seit Jahren aufgelassenen „Brandschutzstreifen“. Derartige Graben längs der Bahn und in regelmäßigen Abstanden senkrecht dazu sollten in den Waldgebieten die Ausbreitung von Böschungsbranden – meist ausgelöst durch Funkenflug -verhindern, sie mußten deshalb standig von Bewuchs freigehalten werden.

13 Zwischenblockstelle Streitmühle

Trotz der Hilfe von Schiebelokomotifen stellte die Schiefe Ebene immer ein betriebliches Hindernis dar; Güterzüge krochen teilweise nur mit Schrittgeschwindigkeit bergwärts. Durch den ständig zunehmenden Zugverkehr wurden gegen Ende des letzten Jahrhunderts die Wartezeiten für nachfolgende, schnellere Züge immer unerträglicher, so daß um 1892 auf halber Höhe der Steilrampe eine Zugfolgestelle eingerichtet wurde. Diese „Zwischenblockstelle:Streitmühle“ entstand in km 77,915 und bestand aus je einem Signal für das Tal- und das Berggleis. Hatte nun ein bergfahrender Zug das Signal passiert, stellte es der Blockwärter auf „Halt“ und der nächste Zug konnte in Neuenmarkt ausfahren, bevor der vorausfahrende in Marktschorgast angekommen war.
Für die Bedienung der Signale wurde ein eigenes Gebäude errichtet, damit der Blockwärter seinen Dienst wettergeschützt verrichten konnte; wie damals üblich hatten die Bahn- und Blockwärter ihre Wohnung gleich in der Nähe der Gleise. Diese beiden Wärterhäuschen unterschiedlichen Baustils sind – privat genutzt – heute noch fast unverändert vorhanden und bilden mit dem Stellwerksgebäude ein noch vollständiges Gebäudeensemble. Lediglich die alte Technik der Formsignale wurde 1963 von modernen Lichtsignalen abgelöst – die Signalbetätigung erfolgt nun durch den fahrenden Zug und erfordert kein Personal mehr.
Die beiden Bahnwärterhäuser sind die letzten erhalten gebliebenen an der Schiefen Ebene; früher standen derartige Gebäude im Abstand von rund 1,5 Kilometern entlang der Strecke.
Nach Verlassen des Streitmühlbachtales verläuft die Bahnlinie schnurgerade hangabwärts bis kurz vor Neuenmarkt; eine derartig konstant geneigte und gerade Linienführung wäre für den ursprünglich geplanten Seilzugbetrieb erforderlich gewesen; drei solche Rampen sollten, bis Marktschorgast führen.

14 Bahnbrücken No. CXVll (km 76,402) und CXVI

Die Feldweg- und Flutbrücke No. CXVII (Nr. 117) ist das letzte Bauwerk, das im Bereich der Eisenbahnbau-Sektion Kulmbach errichtet wurde; unmittelbar dahinter befand sich die Sektionsgrenze zur Bausektion Münchberg, die Zählung der Kunstbauten beginnt daher wieder mit Nummer I und erreicht bis Marktschorgast die Nummer XIII (Brücke über den Weg nach Rohrersreuth). Diese Bauwerke sind mit Ausnahme von No. I (diese Brücke wurde verrohrt und zugeschüttet) und No. IV (Abbruch um 1950) alle noch vorhanden und erfüllen heute noch trotz teilweise bis zu zehnfachen Achslasten gegenüber 1848 – zuverlässig ihre Aufgabe.
Geplant war an der Steile der Brücke CXVII ein kleiner Durchlaß, ausgeführt wurde dann aber eine Sandsteinbrücke mit Halbtonnengewölbe, bossierten Ecksteinen, glatten Steinen in der Fläche und schrägen Flügelmauern. Das Bauwerk wurde 1846 fertiggestellt und hat eine lichte Weite von 2,39 Metern, die Schienenoberkante liegt 4,20 Meter über dem Wegniveau. Die Brücke zeigt sich heute noch unverändert im Originalzustand!
Anders ist dies bei der nur 80 Meter entfernten Brücke No. CXVI über dem Laubenbach (km 76,319): Die ursprüngliche Gewölbebrücke mit Segmentbogen wurde 1926 umgebaut und erhielt einen neuen Überbau aus Walzeisenträgern, die ausbetoniert wurden. Unterhalb der damals aufbetonierten Widerlager ist das alte Sandsteinmauerwerk noch zu sehen.
Zwischen diesen beiden Brücken erfolgt der Neigungswechsel von 1:71 auf 1:40 – hier ist also der Anfang der eigentlichen „Steilrampe Schiefe Ebene“ zu finden.

15 Alte Bahntrasse 1848–1892

Die heutige Einfädelung der Bayreuther und der Hofer Strecke ist nicht mit der ursprünglichen Streckenführung von 1848 (Ludwig-Süd-NordBahn Neuenmarkt-Hof) bzw. 1853 (Pachtbahn Neuenmarkt-Bayreuth) identisch. Die Bayreuther Bahn verlief westlich des Empfangsgebäudes und war nur auf der Nordseite an die Ludwig-Süd-Nord-Bahn Richtung Kulmbach angebunden: es gab anfangs auch keine durchgehenden Züge, die Garnituren pendelten nur zwischen Bayreuth und Neuenmarkt.
Ab 1892 wurden die Gleisanlagen umgestaltet, die länger gewordenen Züge erforderten längere Gleise; zudem wurden die Bayreuther Gleise mit auf die Ostseite verlegt. Dadurch war die Streckentrennung erst weiter südlich möglich, die beiden Bahnlinien mußten also neu trassiert werden.
Die alten Trassen sind heute noch gut erkennbar; die Laubenstraße verläuft praktisch auf ganzer Länge auf der alten Bettung Richtung Schiefe Ebene.
In km 76,162 ist ein letztes Bauwerk dieser alten Trasse zu entdecken: Der Durchlaß No. CXV, der dem Abfluß des Schmelzwassers zum Laubenbach hin diente. Er wurde – da hier alte und neue Trasse unmittelbar nebeneinander liegen – 1892 einfach verlängert und führt nun unter Weg und Bahn hindurch.

16 Steinbogenbrücke (km 75,345)

Der starke Verkehrszuwachs am Ende des 19. Jahrhunderts erforderte einen grundlegenden Umbau der Gleisanlagen in Neuenmarkt. Da der Bahnhof 1892 nicht nur in der Breite wuchs, sondern nun auch insgesamt fast zwei Kilometer lang wurde, mußte die Einführung der Hofer und der Bayreuther Strecke um mehrere hundert Meter nach Süden verlagert werden. Beide Strecken mußten daher auf rund 1.700 Meter Länge völlig neu trassiert werden.
An der neuen Einfahrt von der Schiefen Ebene her wurde eine Brücke erforderlich; damit die jenseits der Bahnlinie liegenden Felder erreichbar blieben. Die dreibogige Steinbogenbrücke hat je eine halbkreisförmige Öffnung mit 4,00 Meter lichter Weite in den Widerlagern; der große Korbbogen als Hauptöffnung überbrückt die beiden Streckengleise mit einer Spannwelte von 12,80 Metern. Die Durchfahrtshöhe liegt bei 5,80 Meter, 28,20 Meter ist die Brücke lang und sie wurde aus 248 Kubikmeter Mauerwerk errichtet.
An dem rechts parallel zu den Streckengleisen (genau waagrecht) verlaufenden Ausziehgleis des Bahnhofs Neuenmarkt kann gut die hier mit einem Verhältnis von 1:71 beginnende Steigung abgelesen werden!
Zwischen der Brücke und dem Dampflokmuseum liegt am Ortseingang von Neuenmarkt eine Eisenbahnersiedlung, die auch heute noch das Ortsbild prägt. Das „Eisenbahnerdorf“ Neuenmarkt verdankt seine gute Infrastruktur und Größe allein der Eisenbahn: Hatte es 1820 gerade 286 Einwohner, waren es 1895 durch den Bahnbau bereits
1.128. In den Dreißiger Jahren waren dann bei der Deutschen Reichsbahn bis zu 1.000 Eisenbahner in Neuenmarkt und bei den umliegenden Dienststellen beschäftigt!


Zur Skizze: Der Ausschnitt aus dem Höhenplan (Längenprofil) aus dem Jahre 1891 zum Bahnhofsumbau Neuenmarkt zeigt die Kurve zwischen den Profilen 6 und 11 und die „projektierte Wegbrücke No. 2“ So sieht der Grundriß der Steinbogenbrücke in km 75,345 aus; der Weg nach rechts oben führt zum Dorf Neuenmarkt. Die dunklen Streifen parallel zur Bahnlinie sind aufgeschüttete Schneeschutzdämme.